Skandinavische Filme
Skandinavische Filme sind so beliebt wie nie zuvor. Ob im Kino oder auf DVD – das Angebot an hochwertigen Arbeiten ist immens. Wobei es oft noch immer einzelne Regisseure sind, die man mit den Kinematographien der nordischen Länder in Verbindung bringt.
Hier unser Überblick über Filme aus Skandinavien:
Schwedische Filme
Schweden verbindet man immer noch mit dem Namen Ingmar Bergman. Der 2007 verstorbene Regisseur hat Generationen an Kinogängern geprägt. Für die Filmnation Schweden ist das gewissermaßen Segen und Fluch zugleich: einerseits assoziiert man eine ganze Filmwirtschaft automatisch mit großen Meisterwerken wie Das siebente Siegel oder Wilde Erdbeeren. Auf der anderen Seite sind diese Filme alle an die 50 Jahre alt oder noch älter. Und sie gehören nicht zu der Sorte Film, die man als “Herzenswärmer” bezeichnen würde. Bergman war ein Grübler, dessen Filme bedeutungsschwanger und voller Symbolik sind.
Die Schweden wurden oft darauf reduziert, solch dunkle Autorenfilme hervorzubringen. Dabei haben die Filmemacher weit mehr zu bieten. Jan Troell feierte Anfang der 1970er Jahre großen Erfolg mit den Auswandererepen “Emigranten” und “Das neue Land” und ist auch heute noch, als inzwischen über 80-jähriger, mit Ausstattungswerken wie Die ewigen Momente der Maria Larsson und “Das letzte Urteil” fester Bestandteil der schwedischen Filmlandschaft. Bekanntester Vertreter einer jüngeren Generation ist Lukas Moodysson, der erstmals 1998 mit dem leichtfüßig inszenierten Liebesdrama Raus aus Åmål auf sich aufmerksam machte. Seine folgenden Filme Zusammen! und Lilja 4-ever waren nicht weniger erfolgreich.
Weltweit gefeiert und auf mehreren Festivals ausgezeichnet wurde So finster die Nacht, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von John Ajvide Lindqvist. Der Film handelt von der Freundschaft eines Jungen zu einem Vampirmädchen, ist betörend schön fotografiert und gleichermaßen hoffnungsvoll wie tieftraurig erzählt. Ein weiterer Publikumserfolg war Wie im Himmel. Mikael Nyqvist spielt darin einen erfolgreichen Dirigenten, der nach einem Herzinfarkt in sein Heimatdorf zurückkehrt und den dortigen Kirchenchor übernimmt. Noch größere Berühmtheit erlangte Nyqvist fünf Jahre später, als er 2009 die Rolle des Mikael Blomkvist in Verblendung übernahm, der Adaption des ersten Teils von Stieg Larssons Millenium-Trilogie.
Und wenn man vom schwedischen Film spricht, dürfen Kinderfilme natürlich nicht vergessen werden. Ob Michel aus Lönneberga, Pippi Langstrumpf oder die Brüder Löwenherz – die Verfilmungen von Astrid Lindgrens Geschichten haben ganze Generationen durch ihre Kindheit begleitet. Die Schweden – wie auch die Norweger – stehen zu Recht im Ruf, auch schwierige Stoffe einfühlsam und kindgerecht auf die Leinwand zu bringen.
Norwegische Filme
Norwegen nahm als Filmnation über Jahrzehnte eine unbedeutende und unbeachtete Rolle ein. Im Vergleich zu Schweden mit seinen Aushängeschildern Ingmar Bergman und Jan Troell und auch Finnland, das dank der Kaurismäki-Brüder international Anerkennung fand, war Norwegen lange Zeit ein weißer Fleck auf der Landkarte.
Der bekannteste Filmemacher in den 1980er Jahren war Nils Gaup, der aber eigentlich eine Sonderstellung einnimmt, da er Same ist. Sein Pathfinder war der erste Film überhaupt, der in samischer Sprache gedreht wurde. Der Erfolg blieb zunächst jedoch eine Ausnahme. Erst Mitte der 1990er Jahre änderte sich das langsam und die Filmwirtschaft begann, vom in den vergangenen Jahrzehnten erlangten Reichtum des Landes zu profitieren. Der richtige Aufschwung setzte dann kurz nach der Jahrtausendwende ein.
Die Komödie Elling, nach dem Roman von Ingvar Ambjörnsen, war 2001 ein großer Publikumserfolg und brachte auch die Zuschauer außerhalb Skandinaviens in Scharen zum Lachen. Alleine in Deutschland sahen ihn eine halbe Million Menschen im Kino. Ähnlich erfolgreich war zwei Jahre später Bent Hamers höchst skurriler Kitchen Stories.
Heute erhält die norwegische Filmwirtschaft große Unterstützung durch den Staat, der viel Geld in Filme investiert. Das Ergebnis sind vermehrt Großprojekte, aufwendig gefilmt, die oftmals schon bei der Entstehung das internationale Publikum im Hinterkopf haben. Dennoch wird die eigene Identität dabei nicht verleugnet, die Geschichten sind oftmals sogar spezifisch norwegisch. Max Manus aus dem Jahr 2008 sei hier genannt, das Kriegsepos über den gleichnamigen Widerstandskämpfer während des Zweiten Weltkriegs. “Max Manus” war der bis dahin teuerste und auch erfolgreichste Film, der je in Norwegen gedreht wurde. Abgelöst wurde er 2013 von Kon-Tiki, der Thor Heyerdahls berühmte Floßfahrt nacherzählt. Bei Kon-Tiki kam es sogar zu einem Novum: der Film wurde parallel in zwei Versionen gedreht, einer auf Norwegisch für das heimische Publikum und einer englischsprachigen für den internationalen Markt.
In den vergangenen Jahren haben regelmäßig norwegische Filme ihren Weg auch in deutsche Kinos gefunden und konnten dabei mit guten Besucherzahlen überzeugen. So lief 2011 der aufwändige Trollhunter und 2012 waren die Thriller Babycall und Headhunters (nach einem Roman von Jo Nesbø), das Drama King of Devils Island und Oslo, 31. August des Regie-Wunderknaben Joachim Trier zu sehen.
Finnische Filme
Ohne Aki Kaurismäki und – in weit geringerem Maße – seinen Bruder Mika wäre der finnische Film wohl längst in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Alleine dem Brüderpaar war es in den 80er und 90er Jahren zu verdanken, dass finnische Filme auch nach Deutschland kamen. Vor allem der jüngere Aki, kauzig, schwermütig und immer mit Zigarette in der Hand, hat mit seinen lakonischen Verliererballaden Kultstatus erreicht. Oft drehen sich seine Filme um Menschen aus der Unterschicht, die vom Leben nichts erwarten und auch nichts geschenkt bekommen, wie in Schatten im Paradies, Ariel, Das Mädchen aus der Streichholzfabrik oder Der Mann ohne Vergangenheit. Hatte Kaurismäki früher häufig im Zweijahres- oder gar jährlichen Rhythmus einen neuen Film gedreht, sind die Abstände im neuen Jahrtausend größer geworden. Zwischen Lichter der Vorstadt und seinem aktuellsten Film Le Havre von 2011 vergingen ganze fünf Jahre.
Aus dem Schatten Aki Kaurismäkis konnten nur wenige finnische Filmemacher treten. Einen Achtungserfolg feierte 2012 die gelungene Komödie Helden des Polarkreises, die auch außerhalb von Finnland zu sehen war.
Filme aus Island
Der Aki Kaurismäki Islands heißt Friðrik Þór Friðriksson. Ohne den Regisseur, der seit Jahrzehnten auf Filmfestivals gern gesehener Gast ist und für “Children of Nature” 1992 für einen Oscar nominiert war, wäre Island als Filmland nahezu unbekannt.
Interessant ist, dass gerade in den letzten Jahren – trotz der Wirtschaftskrise auf Island und den finanziellen Nöten auch für die Filmbranche – so viele gelungene Filme wie schon lange nicht mehr produziert wurden und den Weg von der Insel nach Europa gefunden haben. Ein gutes Herz, Volcano und “Either Way” liefen alle auch in Deutschland.
Wir danken Jens Dehn für diesen Bericht.
Bildnachweise: – Das siebente Siegel – © D.R. – So finster die Nacht – © MFA – Kon-Tiki © NFI – King of Devils Island – © NFI – Le Havre – © Pandora Film/Marja-Leena Hukkanen – Volcano – © DFI