Islands Goldener Kreis

Schroffe Landschaften, unberührte Natur und die Extreme aus Feuer und Eis – all das und noch viel mehr hat Island seinen Besuchern zu bieten. Atemberaubende Eindrücke von den Naturgewalten und einen Blick in die kulturelle Wiege des Landes vermittelt Island-Reisenden eine Tagestour entlang der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Islands: Der Goldene Kreis.

Geysir Strokkur Island - Islands Goldener Kreis
Geysir Strokkur Island

Ein Muss für jeden Island-Reisenden ist der Goldene Kreis, auch bekannt als Goldener Ring. Er fasst die drei beliebtesten Naturattraktionen Islands auf einer ca. 300 Kilometer langen Tagestour zusammen. Idealer Beginn für den Ausflug: Reykjavik. Verschiedene Reiseveranstalter steuern den Goldenen Kreis regelmäßig an, aber auch auf eigene Faust kann man die Sehenswürdigkeiten des Gullni hringurinn – so heißt die Tour auf isländisch – erkunden. Dabei betritt man im Nationalpark Thingvellir einen der geschichtsträchtigsten Orte Islands, trifft im Geothermalgebiet Haukadalur auf Islands berühmtesten Geysir und erlebt den größten und schönsten Wasserfall der Insel.

Der Nationalpark Thingvellir

Es ist einer der wichtigsten Schauplätze isländischer Geschichte: Thingvellir (isländisch Þingvellir) im gleichnamigen Nationalpark. Das Wort selbst verrät kundigen Reisenden bereits worum es geht: Thing bedeutet so viel wie „Versammlung“, „Parlament“, Vellir bedeutet „Ebene“, „freies Feld“. Der Begriff Thingvellir kann also mit „Ebene der Versammlung“ übersetzt werden. Doch was hat es damit auf sich?

Als Thing oder auch Althing bezeichnete man Volks- und Gerichtsversammlungen. Zu einer solchen trafen sich im Jahr 930 zum ersten Mal die Goden genannten Häuptlinge der eingewanderten norwegischen Stämme. Sie entschieden einmal jährlich zur Sommersonnenwende über Streitfragen und rezitierten dem versammelten Volk die geltenden Gesetze. Sie wurden mündlich überliefert und erst im Jahr 1117 zum ersten Mal schriftlich festgehalten. Damit gilt das isländische Thingvellir als eines der ältesten Parlamente der Welt.

Nachdem im Jahre 1000 das Christentum durch den Rechtssprecher Thorgeir Ljósvetningagoði als Staatsreligion akzeptiert wurde, nahmen auch die Bischöfe am Thingvellir teil. Die Versammlung tagte noch bis ins Jahr 1798 und wurde schließlich von den Dänen aufgelöst. Ab 1843 bestand sie als die Regierung beratende Versammlung in Reykjavik fort – bis heute. Für das kulturelle und politische Verständnis der Isländer ist Thingvellir einer der wichtigsten Orte. An diesem historischen Ort wurde am 17. Juni 1944 die Unabhängigkeit der Republik Island verkündet und auch heute noch werden wichtige Ereignisse dort gefeiert.

Auch geologisch ist der Nationalpark Thingvellir, der 2004 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde, hoch interessant. An diesem Ort wird das Auseinanderdriften der amerikanischen und europäischen Platte in Form von eindrucksvollen Rissen und riesigen Felsspalten sichtbar. Der Nationalpark liegt mitten auf dem Mittelatlantischen Rücken, dessen Plattendrift Island jedes Jahr ungefähr zwei Zentimeter in Ost-West-Richtung wachsen lässt.

Das Heißwassergebiet um Geysir

Der nächste Stopp auf der Route des Goldenen Kreises ist das Geothermalgebiet Haukadalur. Dorthin kommt, wer den Namensgeber aller Geysire, den Großen Geysir und den kräftigsten der noch aktiven Geysire Islands, den Strokkur, erleben will.

Dampf steigt auf über der Ebene – ein deutliches Zeichen für Geothermie, die Erdwärme, die prägend für Island ist. Bildlich gesprochen sitzt Island auf einer Feuerstelle, unter dem Land brodelt es. Das zeigen die vielen Vulkane, heißen Quellen und Geysire in Haukadalur deutlich. Der erste Anlaufpunkt in Haukadalur ist der Strokkur. Diese noch aktive Springquelle gehört zu den zuverlässigsten der Insel. Ungefähr alle fünf bis zehn Minuten schleudert der Strokkur eine eindrucksvolle Fontäne aus Wasser und Dampf bis zu 30 Meter hoch in die Luft. Direkt daneben liegt der schlafende Große Geysir. Er wurde 1294 das erste Mal geschichtlich erwähnt und hatte 1845 seinen spektakulärsten Ausbruch: eine 170 Meter hohe Säule aus Wasser und Dampf spritzte damals aus dem Becken des Großen Geysir hervor. Von diesem eindrucksvollen Vorbild haben alle Springquellen der Welt ihren Namen: Geysire.

Ebenfalls im Geothermalgebiet Haukadalur liegt die heiße Quelle Blesi. Auf einem aus Holzplanken bestehenden Weg kann man trockenen Fußes an ihr vorbei wandern und einen Blick in ihr azurblaues Auge werfen. Die Quelle besteht aus zwei Becken: Wasser des etwas höher gelegenen Beckens fließt in das zweite, das durch seine tiefblaue Färbung auffällt. Grund für diese intensive Farbe ist die große Menge an Mineralien, die im Quellwasser gelöst sind. Die feinen Partikel brechen das Sonnenlicht und lassen das Wasser der Quelle blau erscheinen. Einen besonders schönen Blick auf Blesi, Strokkur, Geysir und die vielen Fumarolen und Schlammtöpfe im Geothermalgebiet Haukadalur hat man vom nahe gelegenen Berg Laugarfjall aus. Sofern es die Aufenthaltsdauer am Geysir erlaubt, sollte man den Weg auf den Berg auf sich nehmen.

Der goldene Wasserfall

Weiter geht es zum nächsten Halt auf der Reise entlang Islands berühmtester Sehenswürdigkeiten – zu Gullfoss, dem goldenen Wasserfall (Gull = golden, foss = Wasserfall). Er gehört zu den meist fotografierten Wasserfällen des Landes und besteht genau genommen aus zwei Wasserfällen. Mit eindrucksvoller Gewalt stürzen enorme Wassermassen insgesamt 32 Meter in die Tiefe und erzeugen dabei lautes, beinahe bedrohliches Getöse und bei sonnigem Wetter zugleich etwas Zartes, Vergängliches: einen Regenbogen in der Gischt über der Schlucht. Schönheit und Kraft gehören in diesem (Wasser-)Fall eben untrennbar zusammen.

Das Wasser, das am Gulfoss in zwei nahezu rechtwinklig zueinander stehenden Kaskaden zu einmal elf und einmal 21 Metern in die Tiefe rauscht, gehört dem Fluss Hvítá, der im Gletschersee Hvítárvatn am Langjökull entspringt. Nach seinem Sturz, den Gulfoss hinunter, fließt der Hvítá weiter in eine 70 Meter tiefe und 2,5 Kilometer lange Schlucht. Dabei nimmt der Fluss seinem vulkanischen Bett jährlich bis zu 30 Zentimeter an Gestein. Schließlich mündet der Hvítá, nachdem er sich bei der Stadt Selfoss mit dem Fluss Sog zum Fluss Ölfusá vereinigt hat, in den Atlantik.

Dass Reisende die eindrucksvolle Gewalt des Gulfoss heute noch bewundern können, ist dem Einsatz von Sigríður Tómasdóttir und ihrem Vater Tómas Tómasson zu verdanken. In den 1920er Jahren sollte das Gelände verkauft werden, um einen Staudamm und ein Kraftwerk zu errichten. Sigríður und ihr Vater gingen gegen den Verkauf vor – mit Erfolg. Dank ihnen ist der Gulfoss auch heute noch einer der schönsten und größten Wasserfälle Islands.

Weitere Haltepunkte auf der Rundreise

Nicht nur Thingvellir, Geysir und Gulfoss gibt es auf dem Goldenen Kreis zu entdecken. Die meisten Reiseveranstalter machen auf der Tagestour auch am Vulkankrater Kerið, am Bischofssitz Skalholt und in der Gartenstadt Hveragerdi Halt. Die berühmtesten Naturattraktionen Islands auf einer Tagestour erleben zu können – das macht den Goldenen Kreis zu einem Muss für jeden Island-Reisenden.

Text: Anne Röhling

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Ich bin absoluter Skandinavien-Fan und reise schon seit über 12 Jahren in die schönen Länder Skandinaviens. Hier teile ich meine Erfahrungen und Tipps zu den skandinavischen Ländern und der Ostsee-Region.