Schwedische Literatur – mehr als nur Schweden-Krimis

Schwedische Krimis sind in. Henning Mankell, Stig Larsson oder Liza Marklund, Arne Dahl, Johan Theorin oder Åsa Larsson und noch viele andere Krimiautoren werden von deutschen Krimifans geliebt. Aber schwedische Literatur bietet mehr als „nur“ Krimis, sie bietet Literatur vom Feinsten.

Schwedische Literatur
Mehr als „nur“ Krimis – schwedische Literatur

Wussten Sie, dass es bis heute insgesamt sechs schwedische Literaturpreisträger gibt? Vielleicht fällt Ihnen Selma Lagerlöf ein, die Schriftstellerin, die vor allem durch „Nils Holgersson“ bekannt geworden ist. Aber sie hat auch viele andere Romane und Novellen geschrieben. Eine ihrer schönsten Erzählungen ist „Der Kaiser von Portugallien“. Aber wie heißen die anderen Literaturnobelpreisträger? Es sind: Verner von Heidenstam, Erik Axel Karlfeldt, Pär Lagerkvist, Eyvind Johnson und Harry Martinson. Schriftsteller, die heute leider fast unbekannt sind.

Überlegen Sie, schwedische Autoren, keine Krimiautoren? Wer fällt Ihnen sonst noch ein? Sicher, Astrid Lindgren, die Königin der Kinderliteratur und … ? Schwierig … deshalb bekommen Sie nun ein paar Lesetipps.

Thorbjörn Flygt hat mehrere Bücher geschrieben, zwei davon sind bisher ins Deutsche übersetzt: “Made in Sweden” und “Schärensommer”. „Made in Sweden“ ist sein bekanntestes Buch, für das er 2001 den „Augustpreis“, den wichtigsten schwedischen Literaturpreis, erhalten hat. Torbjörn Flygt erzählt darin die Geschichte der Familie Kraft. Er berichtet von Johan, seiner begabten, aber einsamen Schwester Monika und von ihrer Mutter Bodil, die in Malmös Strumpffabrik schuftet. „Made in Sweden“ handelt auch von den 70er und 80er Jahren und den gesellschaftlichen Veränderungen in dieser Zeit.

Lieben Sie Kindheitsgeschichten und mögen Sie zudem Skurriles? Dann sollten Sie Mikael Niemis Roman “Populärmusik aus Vittula” lesen. Mikael Niemi ist ehemaliger Lehrer, heute lebt er als Autor in seiner Heimatstadt Pajala, weit oben im Norden Schwedens an der Grenze zu Finnland. In „Populärnusik aus Vittula“ erzählt der junge Matti von seinen Kindheits- und Jugenderlebnissen in Tornedalen. Der Roman ist voller skurriler Gestalten und vor allem voll von urkomischen Fress-, Sauf-, Rauf- und Saunagelagen. Ein ungeheuer witziges Buch, das bereits verfilmt und auch als DVD erhältlich ist.

Witzig ist auch Katarina Mazettis Roman “Der Kerl vom Land”, eine Beziehungsgeschichte, die zeigt, wie sich eine Kunst liebende Bibliothekarin in einen handfesten Bauern verliebt. Auch dieser Roman ist bereits verfilmt, mit Mikael Nykvist, der auch in dem bekannten schwedischen Film „Wie im Himmel“ sowie in Stig Larssons Krimi-Verfilmungen die Hauptrolle spielt.

Gibt es weitere Beziehungsliteratur oder Frauenromane aus Schweden? Kajsa Ingemarsson ist eine junge Autorin, von der bereits bis heute sieben Titel ins Deutsche übersetzt sind. „Vermisse dich jetzt schon“ oder „Das große Glück kommt nie allein“ sind leicht zu lesende Romane, die zeigen, wie schnell sich unser Alltag verändern kann.

Eine Autorin, die auch wunderbare Familiengeschichten schreibt, ist Majgull Axelsson. Mit ihrem Roman Aprilhexe, der 2001 in Deutschland erschien, wurde sie auch bei uns bekannt. So beschreibt der deutsche Verlag das Buch: „Hirngeschädigt, spastisch, epileptisch. Ihr ganzes Leben, das knapp ein halbes Jahrhundert währt, verbringt Desirée hauptsächlich im Krankenhaus. Sie kann sich fast nicht bewegen, und sie kann sich kaum verständlich machen. Aber sie hat scharfe Augen und einen messerscharfen Verstand. Und sie kann etwas, was alle anderen nicht können. Desirée ist eine Aprilhexe. Aprilhexen besitzen die Fähigkeit, ihren Körper zu verlassen, sich mit ihrem Bewusstsein anderer Körper — Mensch oder Tier — zu bedienen und Ausflüge in die Welt zu unternehmen. Auf diese Weise beobachtet sie das Leben ihrer drei Halbschwestern.“ „Aprilhexe“ ist ein fesselndes Buch, das von vielen Feuilletons hoch gelobt wurde. Die Neue Züricher Zeitung meinte: „Ein literarischer Höhenflug, … der einem Krimi an Spannung in nichts nachsteht“. Das neueste Buch von Majgull Axelsson heißt „Eis und Wasser, Wasser und Eis“, hier verknüpft sie das Leben in einer schwedischen Kleinstadt mit der klaustrophobischen Enge auf einem Eisbrecher.

Eine Autorin, die sich unter anderem auch auf Familiengeschichten verschrieben hat, ist die 2007 gestorbene Marianne Fredriksson.

Sie hat mit 53 Jahren ihren ersten Roman veröffentlicht, doch erst ihr achtes Buch, auf Schwedisch „Anna, Hanna och Johanna“- auf Deutsch „Hannas Töchter“ brachte ihr 1994 den Durchbruch. Dieses Buch wurde in über 40 Sprachen übersetzt und der „Spiegel“ bezeichnet es als einen Klassiker der Frauenliteratur. Angeregt dieses Buch zu schreiben wurde Marianne Fredriksson durch ihre eigene Familie. Ihre Mutter erkrankte an Alzheimer, ihre Töchter wurden erwachsen und zogen aus dem Elternhaus aus und so machte sie sich im den neunziger Jahren auf nach Värmland, wo sie geboren wurde und recherchierte über ihre eigene Familiengeschichte. Dabei entstand ein wunderbares Portrait von drei Frauen, das zwar inspiriert ist von Marianne Fredrikssons Familiengeschichte, aber trotzdem fiktiv ist. Später hat Marianne Fredriksson noch weitere Bücher veröffentlicht, darunter „Maria Magdalena“, „Inge und Mira“ oder „Simon“, aber kein Buch war so erfolgreich wie „Hannas Töchter“.

Bevor es zu einigen männlichen schwedischen Schriftstellern geht, noch zwei herausragende schwedische Autorinnen: Elisabeth Rynell und Linda Olsson.

Elisabeth Rynell hat zuerst Gedichte geschrieben bevor sie sich an das Romangenre wagte. Ihre wunderbar poetische Sprache wird vor allem in dem Roman „Schneeland“ sichtbar. „Schneeland“ spielt im einsamen schwedischen Norden mitten im Winter. Eine Frau wandert durch die raue Landschaft. Sie hat gerade ihren Mann verloren und fühlt sich nicht mehr lebensfähig. Zufällig stößt sie auf einen abgelegenen Hof und entdeckt dort, schon vom Schnee verweht, eine tote Frau am Brunnen. Fasziniert spürt sie deren Schicksal nach, findet Parallelen zu ihrem eigenen Leben und stößt auf eine ungewöhnliche Liebe.

Linda Olsson ist Schwedin, lebt jedoch schon lange im Ausland, zuerst in Kenia, in Singapur, in Japan und England; heute lebt sie in Neuseeland. Mit ihrem ersten Roman „Die Dorfhexe“ (2005) gelang ihr sofort ein internationaler Erfolg. Und auch ihr zweiter Roman „Die Nacht trägt deinen Namen“ wurde hochgelobt.

Im Roman „Die Dorfhexe“, der auf Schwedisch den poetischen Titel trägt „Nu vill ja sjunga dig milda sånger“ („Nun möchte ich dir milde Lieder singen“, nach einer Gedichtzeile von Karin Boye) geht es um zwei Frauen, die sich in Schweden in einem Dorf treffen: Die junge Veronika, die nach dem Tod ihres Mannes Trost in der Einsamkeit sucht und eine alte Frau, die im Dorf als „Hexe“ verschrien ist. Die beiden freunden sich an. Zuerst ahnt Veronika nicht, dass die alte Frau schwer an einem schrecklichen Geheimnis trägt. Doch dann kommt der Tag der Abrechnung – und der Tag der Vergebung …

Schwedische Autoren? Fallen Ihnen noch welche ein? Per Olov Enqvist ist ein ungeheurer Stilist, der mit „Der Besuch des Leibarztes“ oder „Das Buch von Blanche und Marie“ Welterfolge feiert. Gerade kam seine Autobiografie „Ein anderes Leben“ auf Deutsch heraus.

Lars Gustavssons “Der Tod eines Bienenzüchters” gehört schon heute zu den Klassikern der Literatur.

Und wissen Sie, dass Henning Mankell neben Krimis und Afrika-Romanen auch tiefgründige Lebensgeschichten wie beispielsweise „Die italienischen Schuhe“ geschrieben hat?

Lesen Sie schwedische Krimis, wenn Sie sie mögen, aber lassen Sie sich auch gerne von den wunderbar tiefsinnigen Lebens- und Liebesgeschichten anderer schwedischen Autoren und Autorinnen verführen.

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Ich bin absoluter Skandinavien-Fan und reise schon seit über 12 Jahren in die schönen Länder Skandinaviens. Hier teile ich meine Erfahrungen und Tipps zu den skandinavischen Ländern und der Ostsee-Region.